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volksfreund 15.2.2012

Kunst, die Ohren und Augen öffnet: Open Expo in der Tufa

Das Klangerlebnis ist verhallt, die Bilder vom Klang sind geblieben. Bis zum Monatsende sind noch die Tonbilder und Klanginstallationen zum Opening 12, dem Festival für aktuelle Klangkunst, zu sehen.

Trier. Klang ist Bild und Bilder sind Klang. Beide entstehen im Spannungsfeld von Aktion und Stille. Spätestens seit John Cage mit seinen künstlerischen Crossover-Projekten sein Publikum mit neuen Hör- und Sehmodellen begeisterte wie schockierte, ist das unbestritten.

Dabei hat auch der Amerikaner aus L. A., der später in New York und Paris lebte, seine Wegbereiter: darunter den Dadaismus und sogar den Zen-Buddhismus. Ganz sicher ist der Musikerneuerer Cage auch nicht denkbar ohne die Pop Art. Es versteht sich fast von selbst, dass sich das diesjährige Opening, das dem 100. Geburtstag des Künstlers gewidmet ist, sich auch in seiner Open Expo, der Ausstellung zum Festival, auf diesen Vater moderner Musik bezieht.

Gleich links an der Wand im großen Ausstellungssaal der Tufa sind Michael Bachs "Fingerboards" zu sehen. Die Serie entstand als Antwort auf eine Nachfrage John Cages, welche Intervalle der Musiker auf seinem Cello spielen könne. Statt in herkömmlicher Notenschrift listete Bach die Intervalle als schwarze und farbige Fingerabdrücke in Tusche auf, hergestellt auf dem Griffbrett des Instruments. Entstanden sind bei diesen Fingerübungen zarte, fernöstlich anmutende Bildpartituren, die völlig losgelöst von ihrem Entstehungszweck von großem ästhetischen Reiz sind.

Als Hommage an den amerikanischen Meister darf auch Marcus Kaisers "Installation mit Hummelvolk" gelten. Hatte Cage doch lange, bevor es offiziell eine Arte povera (die Kunst der einfachen, natürlichen Materialien) gab, die Verwendung von Naturmaterialien gefordert und erprobt.

Kaisers Hummelvolk hinter seinen durchsichtigen Plastikvorhängen in seinem Grotten ähnlichen Nest, aus dem Bewegung und Gesumme auf einen Bildschirm übertragen wird, ist die stärkste Arbeit dieser Schau. Komplex und hochpoetisch verbinden sich in ihr eindrucksvoll Natur und moderne Kunst. Bernd Blefferts Tropf-Ensemble IV, bei dem aus Infusionsflaschen Wasser in Metallbecken tropft, ist gleichsam die flüssige Version der Sanduhren vom Vorjahr. Nur dass die entstehenden Teiche nicht die bildhauerische Kraft der vorjährigen Sandkegel haben.

Schlüssig sind alle Arbeiten dieser Schau, in ihrer Verbildlichung von Klang und Bewegung hin zu neuen, eigenständigen Bildern. Unterschiedlich ist freilich die Kraft und Originalität der Bilder. So bleibt Lukas Kühnes "Natur-Ton-Reihe" ein farbloses Schema. Und auch Maurice Dohertys adrette Kellnerinnen im Video "Waiting" sieht man mit höflichem Interesse. Im übrigen leidet die sensible Schau ein wenig unter der handfesten Industriearchitektur des Raums. Zweifellos trägt die Ausstellung aber zu dem bei, was John Cage als Verdienst moderner Kunst ausmachte: "Die moderne Kunst hat den Leuten die Augen geöffnet. Was hätte man Besseres machen können?"er

Die Ausstellung läuft noch bis 24. Februar. Öffnungszeiten: Dienstag, Mittwoch von 14 bis 17 Uhr, donnerstags 17 bis 20 Uhr, freitags 14 bis 20 Uhr, Samstag und Sonntag 11 bis 15 Uhr.